Seit ich von Berlin nach Mainz gezogen bin, genieße ich, dass das Leben hier weniger hektisch ist. Dass die Menschen aufgeschlossener sind und guten Wein schätzen. Die vielen Feste auf den Plätzen der Stadt. Und die Spaziergänge am Rhein. Entweder auf der belebten Promenade im Zentrum oder auf der gegenüberliegenden Seite mit dem Panoramablick auf die Stadt. Viele Jahre war mir gar nicht bewusst, dass dort ganz in der Nähe einer der bedeutendsten Militärstandorte Europas liegt. Die Clay- Kaserne in Erbenheim ist Hauptquartier der US-Armee für Europa, die GUS-Staaten und Afrika. Was das tatsächlich bedeuten kann, ist mir erst seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine und des darauffolgenden blutigen Krieges vor knapp drei Jahren klar geworden.
Jetzt befindet sich dort das NATO-Hauptquartier zur internationalen Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte. Außerdem ein Abhörzentrum, in dem die US-Armee und die NSA unter anderem Daten aus dem Kriegsgebiet auswerten, möglicherweise zur Unterstützung der ukrainischen Artillerie. Offensichtlich ist das genau die Art von Ziel, die Russland als Erstes angreifen würde, wenn der Krieg sich ausweitet. Damit rechnet wohl auch die US-Armee, denn es heißt, in den Anlagen in Erbenheim befänden sich geheime Bunkeranlagen, die bis zu fünf Stock in die Tiefe reichten. Um sie anzugreifen, bräuchte es natürlich entsprechend große Sprengsätze, und die benachbarten Wohngebiete in Wiesbaden und Mainz liegen nicht fünf Stockwerke unter der Erde…
Anscheinend ist die Situation für manche noch nicht brisant genug. Nun soll in Mainz-Kastel, in unmittelbarer Nähe zum Rheinufer, die Kommandozentrale für neue Mittelstreckenraketen entstehen, die Russland innerhalb weniger Minuten erreichen und zerstören können. Das ist genau die Bedrohungslage, die in den 80er Jahren Hunderttausende auf die Straßen getrieben hat, weil sie nicht zur Zielscheibe von Atomangriffen werden wollten. Wenn die internationale Situation sich weiter verschärft (und es gibt wenig Anlass zur Hoffnung), ist niemand in Mainz und Wiesbaden mehr in Sicherheit. Ich glaube, dass das vielen Menschen hier noch gar nicht richtig bewusst ist. Es ist auch Aufgabe der Kommunal- und Landespolitik, das Recht der Bürger auf Sicherheit und das Friedensgebot der hessischen Landesverfassung geltend zu machen. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass Wiesbaden und Mainz friedlich bleiben! Das sind wir uns und unseren Kindern schuldig.